«Es hat mich schon als Kind beschäftigt, mitanzusehen, wie wir mit unserem Verhalten der Umwelt schaden.» Dagegen muss man etwas tun, doch was genau und wie stellt man es an? Diese Fragen machte Alessia Bärtsch zum Forschungsgegenstand ihrer Bachelor-Arbeit. Nach der Lehre als Physiklaborantin und der Berufsmatura studiert die Sarganserländerin in Muttenz an der Hochschule für Life Sciences der Fachhochschule Nordwestschweiz. Hier bekam sie die wissenschaftlichen Methoden in die Hand, um Ursachen von Umweltschäden zu analysieren und Lösungen abzuleiten. Nun liegen ihre Ergebnisse vor. Bärtsch ermittelte die relevantesten Massnahmen mit der grössten Hebelwirkung, die jeder Mensch umsetzen kann (siehe nebenan).
Verzichten fällt schwer
Handeln ist wichtig, doch einfach ist das nicht. Wenn die süssen Früchte von Konsum und Komfort so tief hängen wie heute, fallen Verzichte schwer. Schuhe aus den USA bestellen? Ferien mit dem Flieger? Alles ist erlaubt. Suffizienz, also die persönliche Fähigkeit zur Genügsamkeit, ist gefragt. «Das ist für alle eine Herausforderung», sagt Bärtsch. «Ich bin 22 Jahre alt, auch ich möchte die Welt entdecken. Doch ich fliege so wenig wie möglich und komme damit klar, dass ich nicht alles gesehen haben muss.»
Wie kann man sich also ändern? Bärtsch hat auch das untersucht und festgestellt: Eine wichtige Voraussetzung ist die Übereinstimmung mit den eigenen Werten und Möglichkeiten. Man sollte dort ansetzen, wo es am ehesten für einen «stimmt». «Dem Stadtbewohner tut der Verzicht auf ein eigenes Auto weniger weh als der Familie auf dem Land, die eine schlechte Anbindung an den öffentlichen Verkehr hat.» Bärtsch empfiehlt auch, jeweils nur mit einer Massnahme anzufangen. Wichtig sei, dass neue Gewohnheiten in Fleisch und Blut übergehen. Das erfordert Disziplin, ganz besonders am Anfang. Was würde sie einem Fan eines verbraucherstarken Sportwagens empfehlen? Bärtsch würde in diesem Fall gern zum Umdenken anregen und ein langfristiges Ziel ins Auge fassen: «Ich würde dem Autofan empfehlen, erst das Auto zu Ende zu fahren und danach auf ein Elektroauto umzusteigen.»
«Man sollte dort ansetzen, wo es am ehesten für einen ‹stimmt›.»
Alessia Bärtsch
Studentin Life Sciences FHNW
Aufklärung und Befähigung sind zentral. Auch das zeigt Bärtschs Studie. «Viele Menschen handeln unreflektiert oder sind sich nicht bewusst, dass sie der Umwelt keinen Gefallen tun.» Diese Erkenntnis habe selbst sie überrascht. Unverpackte Nahrungsmittel zu fordern etwa, ist gut gemeint, sei aber ökologisch nicht sinnvoll. «Heute weiss man, dass verpackte Frischwaren Transporte besser überstehen und so Foodwaste verhindert wird. Sofern am Ende sachgerecht entsorgt, stellt Verpackung das geringere Umweltproblem dar als Nahrungsmittel, die man im grossen Stil wegwerfen muss.»
Bärtsch hat parallel zum Studium begonnen, professionelle Beratungen für Privatpersonen anzubieten, die nachhaltiger leben wollen. Ihr schwebt auch die Gründung von Foren vor, wo man sich mit anderen über Fortschritte und Rückschläge austauschen kann. Denn wenn Umweltschutz schon kein Spaziergang im Park wird, so wäre zumindest geteiltes Leid hoffentlich nur halbes Leid. Tiziana Ossola